Sonntag, 8. Dezember 2013

Wahnsinn des Alltags: Der Weihnachtsmarkt

Es hat durchaus seine Vorteile in der Innenstadt zu wohnen. Einkaufsmöglichkeiten und Unterhaltungseinrichtungen sind fußläufig erreichbar, die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist relativ gut und, da der Heimatort doch im Verhältnis nicht sonderlich groß ist, das Verkehrsaufkommen auf den Straßen hält sich in Grenzen. Doch hat alles Gute, Praktische in dieser Welt auch immer seine Schattenseiten. Eine dieser Schattenseiten offenbart sich einmal jährlich, wenn die Tage kürzer werden und die längste Nacht näher rückt. Sie nennt sich: Weihnachtsmarkt.

Die mittelgroße Stadt rühmt sich ihrer umso größeren Tradition der vorweihnachtlichen Fress-, Plunder- und Saufbuden, die sich mittlerweile auf so gut wie jeder freien Fläche der Innenstadt finden. Ergänzt werden diese sicherlich sehr festlichen Angebote durch Karussells, ein Riesenrad und Straßenmusikanten, die sich von der vorbei drängenden Menschenmasse ein wenig Kleingeld erhoffen, während sie mehr schlecht als recht in der Kälte stehend Weihnachtslieder frei interpretieren. Natürlich wittern auch die Einzelhändler und Gastronomen der Innenstadt das Geschäft und geben sich alle Mühe einen möglichst großen Anteil der besinnlich drängelnden Leute für ihre Angebote zu begeistern. So bietet sich dann dem Eingeborenen bereits an Werktagen, wenn das Personenaufkommen nicht so enorm ist, ein wahrer Spießrutenlauf um sein meist klar definiertes Ziel zu erreichen, wenn er sich aus dem Haus wagt. Verengte Wege durch die bereits Wochen vor Eröffnung aufgestellten Holzbuden, Slalom-Kurse um die weiter ins Sichtfeld verlegten Auslagen der Geschäfte und die vergebene Mühe nicht ständig in Körperkontakt mit völlig Fremden zu geraten, die immer wieder abrupt stehen bleiben, sich quer zur Gangrichtung bewegen und ganz allgemein schrecklich verwirrt scheinen, kennzeichnen den eigentlich harmlosen Gang um noch schnell ein Pfund Zucker aus dem Supermarkt zu holen.

Doch der wahre Schrecken wartet am Wochenende.

Kann man in der Woche in den meisten Fällen als Ortskundiger noch die schlimmsten Engpässe und Ansammlungen von Menschengezücht umgehen und vermeiden, wird dies zwischen Freitagnachmittag und Sonntagabend fast unmöglich. Selbst in kleinen, abgelegenen Straßen, die weit von den bunten und so abwechslungsreichen Angeboten des Weihnachtsmarktes entfernt liegen, tummeln sich kleine oder größere Gruppen von Personen, sei es, weil sie sich verirrt haben oder sei es, weil sie der Meinung sind, dass sie hier die Stimmung besser erleben können. So stellt sich dann dem unschuldigen Spaziergänger, der eigentlich nur etwas frische Luft atmen (was auch schwierig ist, sie scheint in einem Umkreis von hunderten Metern von Bratenfettdünsten und Zuckerhauch erfüllt zu sein) und sich durch etwas Ruhe entspannen wollte, eine ganze Horde entgegen, durch Glühwein alkoholisierte ältere Menschen, quengelnde Kinder, vom Weg abgekommene Touristen, die eine möglichst genau Wegbeschreibung zu der aktuell am weitesten entfernten Sehenswürdigkeit erfragen, Einheimische, die niemals auch nur einen Fuß in diese Straßen gesetzt haben außerhalb des Adventes und noch viele andere angenehme Zeitgenossen mehr. Wenn dann noch Personen in Löwen-, Waschbären- und Kuhkostümen des Weges kommen, ist der Punkt erreicht, an dem nur noch die Flucht in die eigenen vier Wände bleibt, aus denen man all diese seltsamen Kreaturen aussperren kann.

Sicherlich sind solche Ärgernisse absehbar, wenn man sich für eine Wohnung in der Innenstadt entscheidet. Es ertragen und den Jahreswechsel erwarten bleiben die beiden Instrumente, die einem nur bleiben. Und offenbar gibt es auch immer noch die Möglichkeit sich einigermaßen ungestört draußen zu bewegen: Der Spaziergang zwischen 1 und 3 Uhr in der Nacht auf den Sonntag war sehr entspannend.