Freitag, 7. August 2015

Ein neuer Schuss

Wir befinden uns an Tag 2 nach der letzten Dosis. Vor ziemlich genau 48 Stunden habe ich "das Suchtmittel" zum Abschied umarmt und seiner Wege ziehen lassen. Eine hervorragende Möglichkeit um einmal die Abhängigkeitssymptome genauer zu analysieren.

Die betreffende Person war es, die nach einem Treffen fragte. Ich reagierte etwas reserviert und abweisend, da ich es zu dem Zeitpunkt bereits über einen Monat ohne sie ausgehalten hatte, und sicher noch nicht "clean" war, aber einen wesentlich geringeren eigenen Druck nach ihrer Zuwendung verspürte. Nach kurzem Hin und Her stimmte ich natürlich doch zu.

Ich merkte in der Zeit, die bis zum Treffen verging, dass ich mich nicht so recht darauf freuen konnte oder wollte. Ich wusste, es wäre zu kurz, ich wusste, es würde meine Wünsche nur teilweise befriedigen, ich wusste, wie es mir hinterher gehen würde. Auch die ersten zwei bis drei Stunden, die wir dann zusammen verbrachten, verhielt ich mich zurückhaltend, distanziert, versuchte meinen Abstand zu wahren, meine geistige und körperliche Gesundheit zu verteidigen.

Meine gesamte Abwehr und Mauer wurde dann jedoch mit einem Schlag eingerissen, vielmehr mit einer Umarmung und einem "ich habe dich vermisst", vier Worte und eine Geste, die mich aus heiterem Himmel trafen und mich wehrlos den Auswirkungen meiner Droge auslieferten. An der Stelle konnte ich die Umarmung dann nur erwidern und dem Satz zustimmen.

Natürlich war die darauf folgende Zeit sehr schön. Wir hatten viel Spaß, haben ein paar Dinge unternommen und die üblichen kleinen Spielchen zwischen uns gespielt. Es war wie immer, ganz instinktiv, es fühlte sich richtig an. Man kennt sich, man vertraut sich, man muss sich für den anderen nicht verstellen.

Dann kam der Abschied, der dieses Mal für einen wesentlich längeren Zeitraum sein wird. Ich wollte noch soviel sagen, in der Nacht davor lag ich lange wach und legte mir die ganzen Worte zurecht. Am nächsten Morgen waren sie zwar noch alle da, wollten jedoch nicht so recht über meine Lippen kommen. Ich nutzte auch die letzte Gelegenheit um nochmal 20 Minuten mehr Zeit für meine Droge rauszuschinden, dann war sie weg.

Für den Rest des Tages wirkte die Dosis noch nach, doch sie war zu niedrig. Schon gestern spürte ich, wie ich unleidlich wurde und überlegte, wie ich die Zeit bis zum nächsten Aufeinandertreffen doch noch kürzen könnte. Diese Pläne verleugneten natürlich komplett die Realität und waren reines Wunschdenken.

Heute, zwei Tage nach dem letzten Schuss, versuche ich krampfhaft wieder runterzukommen. Ein langer Weg des Entzuges liegt noch vor mir, mehr als zwei Monate werden es (zwangsweise). Natürlich ist es absehbar, dass danach das Spiel von vorne beginnt, denn es drängt mich ja eigentlich nicht danach, von dieser speziellen Droge herunterzukommen, man möge mir diese etwas unglückliche, zweideutige Wortwahl verzeihen. Doch vielleicht schaffe ich es mich während dieser Pause etwas zu beruhigen und weniger emotional an diese Bindung heranzugehen.

Man darf gespannt sein und vermutlich werde ich die weitere Entwicklung dieser Sucht dokumentieren.

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